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Die Göttin Hertha auf Rügen
Die
Herthaburg nahe bei Stubbenkammer war in heidnischen Zeiten der Wohnsitz
der Gottin Hertha. Diese war den Menschen stets wohlgesonnen und
segnete ihre Fluren und Äcker mit Früchten. Wenn aber die Zeit
der Ernte da war, dann fuhr die Göttin auf einem mit Kühen
bespannten Wagen durch das Land, und überall, wohin sie kam,
wurde sie mit Jubel begrüßt. Ein Priester, welcher die Hertha
bei ihrem Umzuge begleitete, führte dieselbe, wenn sie sich an dem
Anblick der Menschen gesättigt hatte, in ihr Heiligtum
zurück. Alsdann badete sich die Göttin in dem benachbarten
Herthasee. Die Diener aber, welche hierbei hilfreiche Hand leisteten,
wurden sämtlich getötet. Deshalb hat auch niemand genaue Kunde
darüber, wie es eigentlich beim Dienste der Hertha zugegangen sei.
Andere erzählen, es seien alljährlich ein edler Jüngling
und eine edle Jungfrau der Göttin Hertha zu Ehren im See
ertränkt worden. Wenn man den Fußsteig benutzt, welcher am
Ufer des Herthasees entlang bis hinter den Wall führt, so erblickt
man mitten gegen den See einen Einschnitt im Ufer; das soll die Stelle
sein, wo der heilige Wagen der Göttin Hertha in den See
hinabgestürzt wurde. Es wird auch berichtet, das in früheren
Zeiten eine Brücke über den See geführt habe.
Herthasee
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Die Herthabuche
Dicht vor dem Eingange zur Herthaburg steht eine starke, schön
gewachsene Buche, einer der stattlichsten Bäume der Stubbnitz. Dieser
Baum hat ehemals zum Dienste der Göttin Hertha gehört, Denn aus dem
Rauschen der Zweige dieses Baumes sagte der Priester die Zukunft voraus,
und die Göttin teilte auf diese Weise ihren Willen mit. Darum heißt der
Baum bis auf den heutigen Tag die Herthabuche.
Die Herthabuche liegt an einer freien Stelle des Waldes. Als Grund dafür
wirb angegeben, daß in gewissen Nächten des Jahres die EIfen bei
Mondschein um den Baum herumtanzen, nachdem sie vorher im Herthasee
gebadet haben.
| Reste der Herthabuche
beim Herthasee
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0pferstein bei Herthaburg
In der Nähe der Herthaburg liegt ein großer Felsblock, welcher im Munde
des Volkes der Opferstein heißt. Auf ihm sollen ehemals Menschenopfer
dargebracht sein, man weiß aber nicht mehr genau, ob der Hertha oder
einer anderen heidnischen Gottheit. Der zu opfernde Mensch wurde,
nachdem auf dem Wall der Herthaburg ein feierlicher Opferumgang
gehalten worden war, mit dem Rücken in die ausgehöhlte Fläche des
Steines gelegt, sodaß sein Kopf über die obere Kante desselben
hervorragte. Wenn dann der Kopf vom Rumpfe getrennt war, floß das Blut
in der an der anderen Seite des Steines befindlichen und noch jetzt
sichtbaren Blutrinne ab und wurde in einem ausgehölten Steine
aufgefangen, welcher sich gleichfalls noch am Fuße des Opfersteines
befindet. An der Stelle, wo das Blut von dem Steine abfloss, soll sich
niemals Moos ansetzen.
nach: Rügensche Sagen und Märchen - Dr. U. Haas (Hrsg.), 1903
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